Jugendtalk München 2021

Hört ihr mich?

In der Pandemie ist der Aktionsradius besonders für junge Menschen sehr eingeschränkt – ihre Möglichkeit, sich zu beteiligen, auch. Eine Serie von Online-JugendTalks will das ändern.

Die Anliegen von Jugendlichen hör- und sichtbar zu machen, ist Ziel des Arbeitskreises Kinder- und Jugendbeteiligung. Dazu hat er die fünfteilige Online-Reihe „Jugendtalk München 2021“ initiiert. Souverän moderiert und gestreamt von der LiFE-Jugendredaktion können junge Menschen mit Stadträtinnen und Stadträten diskutieren und ihre Themen vorbringen.

Der erste JugendTalk am 16. Februar gab jungen Kreativen eine Bühne. Unter dem Titel „Jung, kreativ und wie geht’s weiter?“ vermittelte die Stimmung im Talk, dass kreatives Arbeiten hilft, schwierige Zeiten durchzustehen und den Optimismus zu behalten. „Ich bin überwältigt über die Positivität, die man nicht erwarten kann und die wahrscheinlich durch Kreativität kommt!“, sagte eine der Stadträtinnen. Die jungen Talkgäste machten deutlich, wie wichtig ihnen kreatives Arbeiten ist und was sie dazu brauchen, auch nach der Krise. Sie berichteten, wie sehr sie sich darauf freuen, anderen Leuten wieder direkt zu begegnen und ihnen in die Augen zu schauen statt in die Webcam. Der direkte Kontakt mit der Gruppe, etwa im Tanztraining, ist gerade für Jüngere wesentlich für die Motivation und das Dranbleiben.

„Von jemand Älterem kann ich sicher mehr lernen als von einem Gleichaltrigen!“

Das Feedback des Publikums bei einem Konzert oder bei einer Ausstellung ist Nahrung für das Selbstverständnis. Die erzwungene Auszeit und die digitale Kontaktaufnahme waren für manche aber auch Impuls für Neues. „Die Hemmschwelle, sich digital zu vernetzen, ist geringer. Ich habe jetzt einfach mit jemandem aus Berlin zusammengearbeitet, den ich noch nie gesehen habe. Du musst dich nicht zwingend persönlich sehen, um was auf die Beine zu stellen.“

Dass Kultur und Tanzen Lebenselixiere sind, konnten die Stadtratsvertreter*innen gut nachvollziehen. Die Bitte der Jugendlichen um bessere Information über bestehende Angebote wie das Medienzentrum oder um temporär nutzbare Räume, Unterstützungsangebote und mehr Vernetzung traf auf offene Ohren. Viel Zustimmung fand ein konkreter Vorschlag: „Eine Örtlichkeit für Kunstschaffende wäre super. Mir fehlt ein Haus, wo sie sich treffen und zusammenarbeiten können. Von der 13-Jährigen bis zum 50-Jährigen. Von jemand Älterem kann ich sicher mehr lernen als von einem Gleichaltrigen!“

„Familien dürfen auf den Schlittenberg. Aber drei Jugendliche auf einer Bank werden kontrolliert!“

Um Freiräume für Jugendliche ging es beim TALK#2 am 17. März. Die Titelfrage „Treffpunkt Stadt – Platz für alle!?“ konnten nicht alle mit ja beantworten. „Es fehlen Orte, wo man sich treffen kann, ohne dass man wegen Lärmbelästigung angeklagt wird“, war eine der Wortmeldungen. Eine andere klagte: „Familien auf dem Schlittenberg dürfen sich versammeln. Drei Jugendliche mit Abstand auf einer Bank werden aber kontrolliert!“

Kein Wunder, dass die Isar eindeutige Favoritin unter den Lieblingsorten der teilnehmenden Jugendlichen ist. Schließlich können sich hier keine Anwohnenden gestört fühlen. Schwierig wird es für sie dagegen, wenn sich ihre Treffpunkte in der Nähe von Wohngebieten befinden. Ihnen fehlten „Orte, an denen Jugendliche toleriert werden, wenn sie einfach Musik hören oder auch mal Shisha rauchen.“

Toleranz sei das richtige Stichwort und der Schlüssel, sagten die Teilnehmenden aus dem Stadtrat, von der Münchner Polizei, von AKIM (All-parteiliches Konfliktmanagement im öffentlichen Raum) und aus dem Kreisverwaltungsreferat übereinstimmend. Das Vertrauen auf ein gutes Miteinander haben viele Jugendliche aber schon verloren: „Unabhängig von Corona werden Jugendliche häufiger von der Polizei rausgezogen als über 30-Jährige. Es heißt dann nur ‘Hey, Ausweis her!‘“

Besonders die Stadträtinnen und Stadträte interessierten sich sehr dafür, was Jugendliche brauchen. „Überdachte Plätze“, wo sie sich auch bei Regen treffen können, „mehr Treffpunkte nicht zu weit draußen“ und „Plätze vielleicht nur für Jugendliche“ wurden von den jungen Talkgästen genannt. Verbesserungen sollten am besten jetzt schon für den Sommer kommen, trotz und gerade wegen der Einschränkungen durch die Corona-Maßnahmen. Ein Jugendlicher schlägt vor, den Fokus eher auf Reparatur und Umgestaltung zu legen. „Da sind schon so viele Sachen. Zum Beispiel wurde der Sportspielplatz an der Isar renoviert und ist jetzt richtig cool! Gerade jetzt kann ich da gut mit Freunden Sport machen.“

„Ins Gespräch kommen, um die andere Seite kennenzulernen, und im Gespräch bleiben, dann kommt man weiter! So kann man sogar an einem Strang ziehen,“ wie ein Jugendlicher zum Abschluss meint, „und gemeinsam was verändern!“ Der beim Talk entstandene Dialog ist ein erster Schritt dahin: „Ich nehme mit, dass es eine gute Erfahrung ist, dass mal die Stimme der Jugendlichen gehört wird, dass durch die Diskussion schon Änderungen angestrebt oder durchgeführt werden. Mein Bild von Leuten, die im Stadtrat sitzen, hat sich (positiv) geändert“, resümiert ein anderer Jugendlicher.

Die Livestreams sind als Aufzeichnung unter https://youtu.be/X12aWeWv0h4 (TALK#1) bzw.

https://youtu.be/ISRsrl4Twzw (TALK#2) abrufbar.

Miriam Mahlberg, Urbanes Wohnen e.V