30 Jahre und ein Abschied

Am 12. Juli 2019 feierte das soundcafe sein 30. Jubiläum. Den Sound der Feier bestimmte jedoch der Abschied des Leiters Achim Seipt.

Auffallend viele Kolleginnen und Kollegen sind anwesend an diesem Sommerabend im soundcafe in der Traubestraße, gleich neben dem Ungererbad. Nicht nur, um das 30-jährige Bestehen der Schwabinger Jugendkultureinrichtung zu feiern, sondern vor allem, um einen langjährigen Kollegen zu verabschieden. Achim Seipt, seit 10 Jahren Leiter des soundcafe und seit 32 Jahren im KJR, geht Anfang August in den Ruhestand.

Wer das nicht wusste, erfährt es spätestens mit der ersten Rede. Stadträtin Anja Berger, die dem soundcafe im Namen der Stadt zum 30. Geburtstag gratuliert, erwähnt, dass bald einer fehlen wird: „Achim Seipt mit seiner freundlichen, einnehmenden Art.“ Sie dankt ihm und seinem Team für die „so wertvolle“ Arbeit, schwärmt von „Vielfalt pur“ im soundcafe und von „richtig viel Leben hier“. Dazu gehört die Förderung von Nachwuchsbands mit Übungsräumen und Auftrittsmöglichkeiten ebenso wie das Wahllokal für die „U 18“-Wahl. Berger fordert, das Wahlalter auf 16 Jahre zu senken, was ihr spontan Beifall einbringt.

Stephanie Dachsberger aus dem KJR-Vorstand skizziert in einer kurzen Zeitreise die wichtigsten Stationen aus 30 Jahren soundcafe, das 1989 als „Kinder- und Jugendtreff Schwabing“ eröffnet wurde. Dazu zählen das Jugendkulturfestival „Petuel spielt im Park“ 2007, der Leitungswechsel zu Achim Seipt 2010 oder das Musikprojekt „Rock im Graben“ in den Jahren 2014 bis 2016, bei dem Nachwuchsbands gemeinsam mit Musikerinnen und Musikern des Bayerischen Staatsorchesters auftraten und dessen Idee im soundcafe geboren wurde. Als Geburtstagspräsent überreicht Dachsberger dem Team einen Grünpflanzen-Gutschein für die Galerie.

Achim Seipt dankt sie im Namen des Vorstands für 32 Jahre Einsatz im KJR für Kinder und Jugendliche und gratuliert ihm nachträglich zum 63. Geburtstag – den hat er am Vortag gefeiert. Ab jetzt steht der Abend an diesem 12. Juli ganz im Zeichen von Seipts Verabschiedung. Die stellvertretende Geschäftsführerin Claudia Caspari dankt ihm für 32 Jahre Einsatz im KJR, fast 30 davon in Leitungspositionen. Vor den zehn Jahren im soundcafe waren es knapp 20 Jahre als Leiter des „Club“ im Hasenbergl. Dort rief er viele Projekte ins Leben, etwa die viel beachteten „Ghettokids“, die sehr positive Schlagzeilen für den meist als Problemviertel beschriebenen Stadtteil brachten. Er legte auch den Grundstein für den späteren Kindergarten „Die Clubmäuse“ und begann die Zusammenarbeit mit der Förderschule im Hasenbergl, „als Kooperation mit Schule im KJR noch in den Kinderschuhen steckte“, wie Caspari beschreibt.

Mehr als 30 Jahre Engagement für Kinder und Jugendliche

Sie hebt seine „wertschätzende Zusammenarbeit und Kommunikation“ ebenso hervor wie sein Engagement „für Partizipation und Demokratie, auch innerhalb des KJR“. Ihr Dank gilt auch Seipts Einsatz im Personalrat und seine „ruhige, besonnene Art“ mit „sachlichem und ganzheitlichem Blickwinkel“, gepaart mit Wortwitz und Humor. Sowohl auf der Bühne als auch in persönlichen Gesprächen zeigt der Abend, dass genau diese „ruhige, gelassene und deeskalierende Art“ von seinen Kolleginnen und Kollegen sehr geschätzt wird, wie Andy Seidel bemerkt. „Sie war auch im Umgang mit der Nachbarschaft und mit so manchen Beschwerden sehr hilfreich“, sagt der stellvertretende soundcafe-Leiter. Er schwärmt geradezu von Seipts starker Teamorientierung, „wo andere einen hierarchischem Führungsanspruch haben, gewährt er größtmögliche Autonomie, setzt also viel Vertrauen in sein Team!“ Das ganze Team beschreibt das in seinem Achim-Abschieds-Rap ebenso, wenn auch mit etwas anderen Worten: „Achim, Bruder, wir werden Dich vermissen. Zeit zu gehen? Reingeschissen!“

Überhaupt gehört zu diesem Abend im soundcafe natürlich viel Musik. Da ist neben dem Rap auch der eingangs vom gesamten Team dargebotene soundcafe-Song, später die Mädchentanzgruppe „Moonlight“ und die Performance von „Sabiá Capoeira“, die regelmäßig die Räume nutzen und sich auf diese Weise bedanken. Eine musikalische Überraschung bereitet Achim Seipt seine Tochter Sarah Hermsen mit Unterstützung von zwei Cousinen und des gesamten Publikums: Aus Nenas „99 Luftballons“ hat sie „63 Jahre Achim“ gemacht und den Text verteilt. So singen Team, Kollegenschaft, Gäste und selbst Stadträtin Berger „32 Arbeitsjahre ließen kaum Zeit für Reisen“ und „Bald ziehst du deine Runden, siehst die Welt mit anderen Augen. Hab ‘ne geile Zeit auf Achse, denk an uns und genieß das Leben“.

Als Hilfe zum Entspannen, Erinnern und Genießen ist auch das Abschiedsgeschenk des KJR gedacht. Claudia Caspari überreicht Achim Seipt einen mit seinem Namen bedruckten Liegestuhl in KJR-Farben. Welche (und wie viele) Erinnerungen er mitnimmt, verrät Seipt sogleich, als er 30 Jahre Revue passieren lässt. Er erzählt von den Wetten im Bekanntenkreis „wie lange ich es im Hasenbergl aushalte“, wobei die Schätzungen von ein paar Wochen bis Monaten ausgingen.  DenWechsel als neuer Leiter in eine bestehende Einrichtung, den Club, bezeichnet er als „OP am offenen Herzen – nur ohne Narkose“. Es wurde jedoch seine Berufung, „hier war mein Zuhause, mein Revier“, wo er „tollen Menschen begegnen durfte“.

Dort wurde er vor zehn Jahren „jäh herausgerissen“, Seipt verhehlt nicht, dass er nicht freiwillig ging. Dennoch erwies sich das soundcafe als „gute Entscheidung“, es wurde zur neuen beruflichen Heimat, wo er guten Sound und manchmal Misstöne erlebte und es als seine Aufgabe ansah, „die Instrumente zu stimmen“. Dies erzählt er mit etwas Wehmut, jedoch ohne Groll, so auch, wenn er davon spricht, dass er – auch innerhalb des Trägers KJR – gerne „mehr Demokratie wagen“ habe wollen – „aber diese Zeiten sind vorbei“. Dennoch geht er „mit Ruhe und Zufriedenheit in den Ruhestand“ mit einem „Wahnsinnig dicken Dankeschön“ für viele schöne Momente und viele gute Jahre.

Als der informelle Teil des Abends mit Buffet und Gypsy Jazz beginnt und die vielen Gäste im Saal und im Hof beieinander sitzen, macht eine Neuigkeit die Runde, die erst wenige Stunden alt ist. Seipts Nachfolger wird ein Kollege, der seine Zeit im KJR einst mit einem Praktikum genau hier im soundcafe begonnen hat: Christian Kurzweil.

Gecko Wagner, Öffentlichkeitsarbeit, KJR